„Europas Werte“ – „Europas Zukunft“

Veröffentlicht am 03.04.2017 in Kreisvorstand

Referent Dr. Helmut Eikam (re) und SPD Kreisvorsitzender Martin Kreutz (li.)

Frühjahrsempfang der LandkreisSPD – Sozialdemokratie setzt Zeichen auf Europa


 
Parkstetten (pas): Der Frühjahrsempfangs der LandkreisSPD am Sonntag im Sportheim Parkstetten stand unter dem Motto „Europas Werte“ – „Europas Zukunft“. Das buntgemischte Publikum aus Vertretern vieler gesellschaftlicher Gruppierungen sowie SPD-Mitgliedern aus Stadt und Landkreis quittierten die leidenschaftliche Rede des Bundesvorsitzenden der Seliger-Gemeinde, Dr. Helmut Eikam, mit langanhaltendem Applaus. Unterstrichen wurde die Europa-Thematik durch einen Antrag der LandkreisSPD zum Wahlprogramm zur Bundestagswahl, worüber Kreisvorsitzender Martin Kreutz in seiner Begrüßung berichtete.

Martin Kreutz bezog sich in seinen Ausführungen auf eine aktuelle Kontroverse zum Verbot von Steingutkrügen für Bier, die, wie so oft zu Unrecht, der EU angelastet werde. Kreutz lobte die Errungenschaften der EU, allen voran die längste Friedensperiode in Europa, die wirtschaftliche Union sowie die Freizügigkeit, „mit der die Jugend heute wie selbstverständlich aufwächst“. Mit Kanzlerkandidat Martin Schulz habe die SPD zur rechten Zeit den rechten Kandidaten gefunden, Schulz werde nicht auf die EU einhauen, sondern das Positive herausheben, so Kreutz.

 

Praktischen Friedensarbeit im Dienste der Völkerverständigung

 

Martin Panten, Ortsvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender der Ackemann-Gemeinde freute sich, dass der Frühjahrsempfang der LandkreisSPD zum wiederholten Male im RSV-Sportheim abgehalten wurde und so ein Glanzlicht im Jahresverlauf der Parkstettener SPD wurde. Er freue sich besonders über das Thema und die Auswahl des Referenten, so Panten. In seinen Grußworten an alle „Europainteressierten, die den Weg nach Parkstetten gefunden haben“, berichtete Martin Panten, dass er Dr. Helmut Eikam, Rechtsanwalt aus Schrobenhausen und Bundesvorsitzender der Seliger-Gemeinde, seit Jahren bestens kenne und schätze. Ebenso wie die Seliger-Gemeinde, habe die Ackermann-Gemeinde ihre Wurzeln in Böhmen und Mähren-Schlesien. „Als Ackermann-Gemeinde und als Seliger-Gemeinde gestalten wir seit über 70 Jahren gemeinsam deutch-tschechisch-slowakische Nachbarschaft und engagieren uns aus sozialdemokratischer und christlicher Verantwortung für Europa. Die Seliger-Gemeinde als sozialdemokratische Gesinnungsgemeinschaft, die Ackermänner als Gemeinschaft in der katholischen Kirche“, so Panten, der auch zum Mitmachen einlud: „Unsere Gemeinschaften sind offen für alle, die sich unsere Ziele, vor allem der praktischen Friedensarbeit im Dienste der Völkerverständigung zu eigen machen, und das Leben unserer europäischen Gesellschaft verantwortlich mitgestalten wollen.“

 

#pulseofeurope

 

Martin Panten zeigte sich dankbar, dass die Bürgerinitiative #pulseofeurope schon mehrfach europaweit in großen und kleineren Städten viele Menschen auf die Straße gebracht habe, um für die Grundidee der Europäischen Union und für ein offenes Europa zu demonstrieren. Aus pazifistischer, antifaschistischer und christlicher Motivation heraus, hätten die Gründermütter und –väter vor mehr als 60 Jahren gehandelt, „und es liegt auch in unserer Verantwortung heute an die großen Errungenschaften zu erinnern, von denen viele Menschen in Europa, in der ganzen Welt profitieren – und das wollen wir heute hier in Parkstetten ebenfalls tun!“

 

Maut-Geisterfahrt als absolutes Negativ-Beispiel

 

Stadtverbands- und Unterbezirksvorsitzender Dr. Olaf Sommerfeld, für den Europa eine „Herzensangelegenheit“ ist, geißelte in seinem Grußwort die Entstehung der „Ausländermaut“ als absolutes Negativbeispiel europäischen Handelns. „Auf der Fahrt quer durch Europa gibt es Länder, die Mautgebühren erheben – eigentlich wäre es sinnvoll gewesen, eine gesamteuropäische Lösung zu finden. Darauf konnten – oder wollten – sich die Regierungen nicht einigen“, so Sommerfeld. Also werde auf nationale Lösungen gesetzt. Das aktuelle Beispiel, die Ausländer-Mault der CSU zeige, wie es auf keinen Fall gehen kann: Die CSU ruft aus populistischen Gründen die Ausländer-Maut aus, die es nach EU-Recht niemals geben kann. Die SPD stimmt im Koalitionsvertrag zu, weil es ja eh nicht dazu kommen könne. Die Europäische Kommission sagt zuerst NEIN, dann auf politischen Druck der Regierungschefs doch noch JA. Im Bundestag stimmt die SPD wieder zu in Erwartung, dass der Bundesrat sein Veto einlegt. Doch Bayerns Seehofer erpresst die anderen Bundesländer mit dem Ländefinanzausgleich, so dass die Maut doch beschlossen werden kann – „Erst die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof wird hoffentlich die Maut-Geisterfahrt stoppen“, so die Hoffnung Sommerfelds. Der UB-Vorsitzende sieht die EU „nie gefährdeter als heute“ und rief den Brexit, die nationalistischen Tendenzen in Frankreich und Holland aber auch die antidemokratischen Regierungen in Polen und Ungarn in Erinnerung. Er forderte abschließend die Genossinnen und Genossen auf, mit Martin Schulz für die Werte und die Zukunft Europas zu kämpfen.

 
„Mit Martin Schulz für die Werte und die Zukunft Europas kämpfen!“

 
Der Hauptreferent des Empfangs, Dr. Helmut Eikam, fesselte die Zuhörer mit einem leidenschaftlichen Vortrag zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft Europas. Er erinnerte an die Gründe, die zur Gründung der europäischen Union führten: „Es galt die expansive Sowjetunion einzudämmen und gleichzeitig den machtpolitischen Aufstieg Deutschlands zu verhindern. Dazu kamen die Niederschlagung der Aufstände in Ungarn und Polen durch die Sowjetunion und die Intervention der USA in der Suezkrise, wo Frankreich und England erfahren mussten, dass ihre Großmachtträume ausgeträumt sind“. Eikam erinnerte an die ersten Gründungsschritte bis hin zu den  Römischen Verträgen und den Reformen durch die Verträge von Maastricht und Lisabon. Eikam lobte die Entwicklung der EU zur wirtschaftlichen und politischen Union, die den Zusammenbruch der UdSSR auffangen und die Wiedervereinigung Deutschlands begleiten konnte.
 
Der Bundesvorsitzende der Seliger-Gemeinde benannte aber auch die Krisen der EU: Zu lange hatte das Europäische Parlament zu wenig Macht, Gemeinschaftswährung und Nord-Süd-Gefälle ließen sich nicht durch nationale Lösungen bewältigen. Eikam stellte aber klar, dass seiner Meinung nach die Auswüchse der Finanzkonzerne und die Angriffe durch BigData eine viel größere Bedrohung seien, als es die Abgabe von Kompetenzen der Einzelstaaten es jemals sein könne.
 
Eikam stellte die zuversichtlichen Europa-Visionen eines amerikanischen Präsidenten Reagan den aktuellen Zielen Donald Trumps gegenüber. Sprach ersterer vom „Hort westlicher Ideen und Kultur“ und lobte die „ureuropäische Idee politischer Grundsätze“, hat der andere freiheitliche Positionen aufgegeben und zielt auf Schwächung und Konkurrenz. Lobte der eine den Kampf gegen Nazismus und Kommunismus, gibt sich der andere als Putin-Freund, der 70 Jahre Partnerschaft und Freundschaft aufs Spiel setzt.
 
Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger im europäischen Raum ist „pro Europa“

 
Doch der Redner machte den Zuhörern auch Hoffnung: „Neueste Umfragen belegten, trotz – oder gerade wegen - Brexit und Nationalismus, dass eine große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger im europäischen Raum „pro Europa“ seien und auch er verwies auf die Bewegung #pulseofeurope. Eikam erinnerte an die amerikanische Freiheitsstatue, die als Symbol Europas die Werte der westlichen Welt verkörpert und jeden daran erinnert, der über den Ozean in die USA einreist. Der Seliger-Vorsitzende stellte der düsteren Europa-Kritik der Nationalisten und Populisten das Bild einer strahlenden Kathedrale gegenüber, die, ursprüngliche Ideale überdauernd, erwächst und in die sich immer mehr Generationen immer wieder neu einbrächten.
 
Schließlich zitierte Eikam Konrad Adenauer, der als Gegenpol zu einer haltlosen USA und einer rücksichtslosen UdSSR die „Vereinigten Staaten von Europa“ mit gemeinsamer Außen-, Sicherheits-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik beschwor. Europa könne gemeinsam und in einem föderalen Gemeinwesen zwar keine Weltmacht werden, aber den Frieden in der Welt sichern, so die Idee des Altbundeskanzlers.
 
Im Angesicht eines bauchgesteuerten Kapitalisten als Präsident in Amerika, eines Brexit und den Nationalisten in Polen, Ungarn sowie den Austrittsphantasien rechter Politiker in Holland und Frankreich, gäbe es nur eine Losung: „Für ein vereintes Europa gemeinsam zu kämpfen“, so Eikam.
 
Die Zukunft Europas - vom Staatenbund zum Bundesstaat

 
Eikam warf auch einen Blick auf die Geschichte der Sozialdemokratischen Sudetendeutschen, deren Nachfolge-Organisation die Seliger-Gemeinde ist: Die damalige Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei (DSAP) der 1. Tschechischen Republik erfuhr die Folgen von ausuferndem Nationalismus. Ein Drittel der Bevölkerung der Tschechoslowakei nach dem ersten Weltkrieg war deutsch und musste erleben, wie der Versuch der Gleichbehandlung der Volksgruppen durch aufkeimenden Nationalismus scheiterte. Der Nationalstaat erzeugte Spannungen, die nach der Besetzung des Sudetenlandes 1938 für die dort lebenden Sozialdemokraten Verfolgung und Emigration, aber auch Verhaftung und Tod im KZ bedeutete. Nach dem Krieg mussten auch die Hitler-Gegner, die Vertreibung aus ihrer Heimat erleiden. Aus dieser Erfahrung ist für die Seliger-Gemeinde nur ein gemeinsames Europa mit einer liberalen Demokratie der Garant für den Schutz der Menschenrechte und damit der ethnischen Minderheiten. Wie die SPD verzeichne auch die Seliger-Gemeinde viele neue, vor allem jüngere Mitglieder, die u.a. zur Gründung der Regionalgruppe Niederbayern-Oberpfalz Ende 2016 führte.

 
In einer eigenen Europa-Proklamation hat die Seliger-Gemeinde ihre Europa-Position Ende 2016 festgeschrieben. Eikam zitierte aus dem Papier und mahnte die Verbesserung und Weiterentwicklung der europäischen Idee vom Staatenbund zum Bundesstaat an. Dies und die Kernforderung der Proklamation, „Nie wieder Krieg!“, veranlasste die Zuhörer zu begeistertem, minutenlangen Applaus. Die Emotionalität und Brisanz des Themas spiegelte sich in der anschließenden Diskussion wieder.
 

Freuten sich über einen gelungenen Frühjahrsempfang: v.l. Martin Panten, Rainer Pasta, Referent Dr. Helmut Eikam, Stefan Diewald, Martin Schießwohl KV-Vorsitzender Martin Kreutz und UB-Vorsitzender Olaf Sommerfeld

 

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