1945 - 2010: 65 Jahre Kriegsende im Labertal

Veröffentlicht am 10.02.2010 in Allgemein

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Der SPD-AK Labertal lädt ein zu: „Historische Themennachmittage“ und „Bonhoeffer-Wochen“

Glück und Unglück, Mut und Feigheit, zunehmendes Chaos und Angst prägten die letzen Wochen und Monate des Zweiten Weltkrieges: Das nahende Ende des Krieges und zumindest für viele - die lang ersehnte Befreiung von NS-Regime und KZ-Barbarei, die Begegnungen mit den hier arbeitenden Kriegsgefangenen - zugleich unsagbares Leid durch Fliegerangriffe, Nazi-Terror, Flucht und Vertreibung. Auch für die Menschen im Labertal bedeutete der 8. Mai 1945 eine Zäsur: Die Diktatur besiegt, die Demokratie im Marschgepäck der Amerikaner. Doch das Glücksgefühl der neu gewonnenen Freiheit mischte sich mit Trauer, Scham - und nackter Not.

Viele Gründe für den SPD-AK Labertal dieser Zeit besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Viele Gemeinden und Vereine gedenken dieser Tage der Ereignisse 1945 - geschichtlich motiviert, strategisch fasziniert oder auch nachdenklich, zornig, fragend... . Nur wenige Zeitzeugen können heute noch erzählen, was vor 65 Jahren passierte, die meisten von uns haben zu dieser Zeit keinen - oder zumindest nur geringen - persönlichen Bezug.

Umso wichtiger ist eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Stück Vergangenheit. „Wir wollen fundierte Geschichtsbewältigung unter sozialdemokratischen Gesichtspunkten“, so AK-Sprecher Rainer Pasta bei der Vorstellung der geplanten Aktionen. „Es gibt nichts zu glorifizieren, nichts zu beschönigen und schon gar nichts zu rechtfertigen. Wir wollen aber auch nicht anklagen und verurteilen - keiner von uns kann heute sagen, wie er sich selbst verhalten hätte, in einer Zeit, wo nichts mehr ‚normal' war.“

Mit dem 60. Jahrestag vor fünf Jahren begann eine Zeit des Aufarbeitens, die lange auf sich warten ließ. Erst die Enkelgeneration scheint in der Lage, die Vergangenheit aufzuarbeiten. „Man sagt, die Zeit heile alle Wunden. Doch im Rückblick, auch mit dem Abstand mehrerer Jahrzehnte, bleibt das Kriegsende eines der dunkelsten Kapitel in der regionalen Historie. Viel kann man lesen über die Vorgänge in Bayern, in Deutschland in Europa und der Welt - doch was passierte vor Ort, vor der eigenen Haustür - oder dahinter? Darüber wissen wir bedenklich wenig. Bedenklich, weil die, die darüber berichten können immer weniger werden. Wenn sie nicht mehr erzählen können, ist unsere eigene Vergangenheit nur noch Geschichte“, so Rainer Pasta weiter.

Die Rettung kam für viele Mitbürger, aber auch für viele Häftlinge zu spät: Sie starben weil sie ihre Heimatorte schützen und mutig für die kampflose Übergabe sorgen wollten, sie starben durch Bomben und Geschosse, die sie - meist nicht einmal absichtlich - getroffen haben, sie starben aber auch auf einem der Todesmärsche.

Mit dem etappenweisen Vormarsch der US-Armee im April und Mai 1945 endete die Nazi-Herrschaft auch in unserer Region - die GIs eroberten nicht nur symbolträchtige Ziele wie München, Nürnberg, den Obersalzberg oder das KZ Dachau. Sie eroberten auch die Dörfer, Märkte und Städte in der Region. Jedem Menschen mit gesundem Verstand war klar: der Krieg ist verloren. Doch Regie führten in diesen Tagen letzte fanatische Anhänger des NS-Regimes, durch die drohende Niederlage noch nervöser, noch bösartiger, noch unberechenbarer als ohnehin. Wer sich diesem Wahnsinn widersetzte, wer weiteres Blutvergießen durch beherzte Aktionen verhindern wollte, riskierte seinen Tod. Ermuntert auch durch Radio-Aufrufe der Freiheitsaktion Bayern wird vielerorts versucht, die Stadt oder die Gemeinde kampflos zu übergeben. Meist ist es eine weiße Fahne, die auf dem Kirchturm, der höchsten Erhebung des Ortes, gehisst wurde, sie soll der US-Armee signalisieren: Hier wird nicht gekämpft - "we surrender". Ein Akt der Vernunft, den viele in den letzten Stunden des Krieges mit ihrem Leben bezahlten. Noch in den letzten Wochen vor Kriegsende erlebten die Menschen in der Region ein Schreckensregime von SS und "Standgerichten": Viele mutige Bürger bezahlten ihren beherzten Einsatz für eine unblutige Kapitulation mit dem Leben. Andere spürten die Gefahr am eigenen Leib, wenn plötzlich Schüsse aus dem Hinterhalt durch fanatische HJ-ler oder verantwortungslose SS-ler die gelungene Kapitulation gefährdeten, weil plötzlich - und auf verständliche Weise - aus den „freundlichen Amerikanern“ brutale Krieger wurden.

Da die alliierten Truppen sich von West nach Ost, in Bayern zum Teil von Nordwest nach Südost voranarbeiteten, gehörten die bayerischen KZs zu den am spätesten befreiten NS-Terrorstätten. Erst Ende April 1945 konnten die überlebenden Häftlinge in Dachau und Flossenbürg ihre Befreier begrüßen. Doch für viele kamen die Retter zu spät: Bevor die US-Armee die Gefangenen befreien konnte, hatte die SS viele davon auf den KZ-Appellplätzen zusammengetrommelt und hinaus in die so genannten "Todesmärsche" getrieben oder noch schnell hinrichten lassen.

Doch auch Hunger und materielle Not wurden für weite Teile der Bevölkerung mit Ende des Krieges immer schlimmer. Kleine Fluchten aus dem Kriegsalltag gab es kaum noch. Dazu kamen die Opfer von Flucht und Vertreibung, die auf Pferde- und Ochsenfuhrwerken, in Vieh- und Güterwaggons oder zu Fuß in die Region kamen. Und für viele die noch lange anhaltende Unsicherheit über den Verbleib ihrer Angehörigen - was für eine Aussicht auf die Zukunft!

Mit offenen Armen wurden die Flüchtlinge aus dem Sudetenland, aus Schlesien oder Ostpreußen wahrlich nicht aufgenommen. Dazu war die Lage viel zu chaotisch - zu den Vertriebenen kamen die Ausgebombten, die ehemaligen KZ-Häftlinge, und viele andere Heimatlose. Alle suchten nach Unterkunft und Versorgung. Die Vertriebenen hatten wie viele andere Kriegsverlierer zumeist traumatische Erlebnisse hinter sich. Die "Neubürger" wurden zunächst vor allem strukturschwachen Gebieten wie Niederbayern, Oberfranken und die Oberpfalz zugewiesen.

„Der SPD-Arbeitskreis Labertal hat mit dem „Historischen Themennachmittag“ zur Schierlinger Muna am 24. Januar begonnen, sich mit den Ereignissen vor 65 Jahren genauer zu beschäftigen. Neben dem „Wunder von Schierling“ soll der Blick auch auf die Todesmärsche durch das Labertal (Themennachmittag am 14. März in Allersdorf) und die Ankunft der Vertriebenen in der Region gelenkt werden. Mit den Bonhoeffer-Aktionswochen wird, in einer gemeinsamen Aktion mit den Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinden in der Region, im regionalen Verbund dem Leben und Glauben von Dietrich Bonhoeffer gedacht. Von Mitte Mai bis Ende Juli wird eine Wanderausstellung mit entsprechenden Begleitveranstaltungen durch die Region Labertal ziehen“, stellt Rainer Pasta das Programm des AK Labertal für die erste Hälfte des Jahres vor.

 

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