Geschichtswerkstatt im Kloster Mallersdorf

Veröffentlicht am 18.11.2014 in Veranstaltungen

Archivarin Karin Hagendorn präsentiert eines der schönsten Stücke der Ausstellung: Ein Schmuck-Blatt mit den deutsch-österreichischen Heerführern. Mit dabei: 3. Bürgermeister Martin Kreutz (2.v.li.) und Marktgemeinderat Helmut Stumfoll (li) sowie AK Labertal-Sprecher Rainer Pasta (2.v.re.)

 

Es stellt sich schon die Frage, ob man die Toten einfach nicht hören will

Geschichtswerksatt 1. Weltkrieg im Kloster Mallersdorf – Berichte aus dem Klosterarchiv

 

Am 15./16. November machte die „Geschichtswerksatt 1. Weltkrieg“ des SPD-AK Labertal im Kloster Mallersdorf Station. Am Samstag hatten die Bürgerinnen und Bürger der Marktgemeinde Gelegenheit ihre Familienerbstücke aus der Zeit des Ersten Weltkriegs vorzustellen und am Sonntag war im Rahmen eines Tages der offenen Tür die Gelegenheit diese Fundstücke einer breiteren Öffentlichkeit auszustellen. Wie in den vorhergegangenen Aktionen in Ergoldsbach, Geiselhöring, Rohr und Sünching brachten auch die Mallersdorfer-Aktionstage viele einmalige Fundstücke zu Tage. Weitere Aktionstage sind in Rottenburg (nächsten Sonntag, den 23. November von 13.30 bis 16 Uhr im Heimatmuseum Binder-Pehr-Haus) und in Schierling geplant.

Am Volkstrauertag 2014, 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges, versammelten sich in den meisten Gemeinden unserer Region wieder Vereine, Organisationen und Vertreter der Kommunen an den Kriegerdenkmälern und gedachten den Opfern der Kriege und der Gewaltherrschaft in einer Trauerfeier. Der Volkstrauertag wurde durch den 1919 gegründeten Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf Vorschlag seines bayerischen Landesverbandes zum Gedenken an die Kriegstoten des Ersten Weltkrieges eingeführt. Seither hat der Volkstrauertag seinen festen Platz im November jeden Jahres, um der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken. Vielfach standen Krieger- und Soldatenverein sowie die Ortsvereine mit Fahnenabordnung zum gemeinsamen Gedenken am Kriegerdenkmal, in einzelnen Fällen standen auch noch Soldaten mit dem Gewehr in der Hand Posten und Böllerschüsse hallten durch den Ort. Es wurde u.a der Philosoph Gabriel Marcel mit den Worten „Weil die Toten schweigen, beginnt immer wieder alles von vorn“ zitiert und auch schon mal erklärt: „..was bleibt, sind die zu pflegenden Gräber“.

Doch die Toten schweigen nicht

Doch die Toten schweigen nicht. August Bebel, der Vorsitzende der SPD, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, aber auch die Pazifistin Bertha von Suttner warnten vor dem Krieg – auf sie hörte niemand. Und auch die Soldaten im Feld haben Ihre Sorgen und Nöte, ihre Ängste und Trauer ihre Leiden und ihr Sterben vielfach und in unterschiedlichster Weise nach Hause geschickt – als Feldpostbrief, als Motivpostkarte oder in Form einer Todesmeldung durch die Kompagnie. Auch die Daheimgebliebenen haben nicht geschwiegen. Auch sie haben ihre Gefühle, ihre Hoffnung aber auch ihre Not hinausgerufen ins Feld. Oftmals gut verpackt in frommen Wünschen, in lieben Grüßen und als „Liebesgaben“ in den Feldpostpäckchen. Sowohl zu Hause als auch im Feld berichtete der „Laberbote“, gerade 1914 noch in unzensierter und brutaler Weise, über die Geschehnisse in den Schützengräben, über Verwundung und grausamen Tod. Je länger der Krieg dauerte, umso nichtssagender wurden die Veröffentlichungen – und als man sich der warnenden Worte bewusst wurde, war es schon lange zu spät.

Es gibt viel mehr als die „Heldentaten“ und die „Eisernen Kreuze“

Und es gibt auch mehr zu pflegen, als die Gräber der Toten. Es gibt viele Erinnerung die in den Familien bis heute erhalten und behütet werden - mehr als die „Heldentaten“ und die „Eisernen Kreuze“. Zu jedem Bild, zu jeder Karte, zu jedem Erinnerungsstück gibt es eine ganz persönliche Geschichte, die sich zuweilen über Generationen hinweg erhalten hat – doch die Erinnerung wird immer weniger. Über all dies berichten die Fundstücke, die am Wochenende von einigen Bürgerinnen und Bürgern im Kloster Mallersdorf zur Geschichtswerkstatt 1. Weltkrieg eingereicht wurden. Wie an den anderen Standorten hatte auch die Geschichtswerkstatt im Kloster ihren ganz eigenen Charakter. Viele Ausstellungsstücke und Erzählungen konnten von den Schwestern beigebracht werden, von denen die älteren auch mühelos die vielen Feldpostkarten entziffern und lesen konnten. Doch auch viele Bürgerinnen und Bürger kamen nach den vormittäglichen Gedenkfeiern zur Ausstellung der Geschichtswerkstatt und nahmen sich die Zeit, die einzelnen Fundstücke genauer anzusehen und in vielerlei Gesprächen die dazugehörigen Geschichten zu erfahren. Vieles davon wird der AK Labertal auch auf der Abschlussveranstaltung zur Geschichtswerkstatt am 21. Dezember im Haus der Generationen in Mallersdorf-Pfaffenberg zeigen.

Zahlreiche Besucher interessierten sich für die ausgestellten Fundstücke

Kriegseinsatz der Ordensschwestern

Einen besonderen Einblick gewährte die Zusammenstellung aus dem Klosterarchiv zum Kriegseinsatz der Ordensschwestern, die zu Beginn des Jahres im „Blickpunkt“, der Zeitschrift der Mallersdorfer Schwestern veröffentlicht wurde. Gleich in den ersten Kriegstagen im August 1914 wurden viele männliche Klosterangestellte einberufen und die besten Pferde mussten ebenfalls abgegeben werden. Wie bei den Bauern im Labertal, so stand auch im Klosters ein Großteil der Ernte noch auf den Feldern, und konnte nur unter unermesslichem Einsatz aller Daheimgebliebenen eingebracht werden.

Gleich nach Kriegsbeginn wurde im Kloster ein Lazarett eingerichtet – Mallersdorf hatte damit ein Distrikts- und ein Vereinslazarett des Roten Kreuzes – und Ende 1914 wurden die ersten 77 Schwestern an die westliche Kriegsfront zur Krankenpflege in den Feldlazaretten abkommandiert. Die ersten Verwundeten kamen im September 1914 in Mallersdorf und den umliegenden Vereinslazaretten an, meist Leichtverletzte aus den westlichen Kriegsschauplätzen auf dem Weg der Genesung und zur Erholung. Anders war es mit den meist Schwerverwundeten aus dem Osten, die Ende des Jahres kamen. Für sie - und ihre Familien, soweit sie aus der Region waren – organisierten die Schwestern mit den örtlichen Hilfsvereinen eine Weihnachtsbescherung und dies wurde auch bis 1918 so aufrechterhalten.

Mitte 1915 hatten die Schwestern Mühe, trotz der großen Landwirtschaft, sich selbst und die vielen Verwundeten zu verpflegen. Lebensmittel – allem voran Brotgetreide - musste abgeliefert werden, die Not im Land stieg merklich an. 1916 nahm die Not weiter zu und Textilien und Schuhe wurden knapp, Vieh und Kartoffeln mussten abgegeben werden. 1917 sogar die Orgelpfeifen der Mutterhauskapelle und die Glocken von St. Maria. Trotz aller Not und Entbehrung – oder gerade deshalb – konnte das Kloster in diesen Jahren viele Novizinnen aufnehmen.

Zum Ende des Krieges kamen noch viele Malaria-Erkrankte und schwerstverwundete Soldaten ins Klosterlazarett. Doch auch der Waffenstillstand brachte nicht gleich die nötige Entspannung. Erst am 1. Juli 1919 konnte das Klosterlazarett wieder aufgelöst werden. Bis dahin gab es auch viele Verluste unter den eingewiesenen Soldaten, aber auch unter den Schwestern im Fronteinsatz – da halfen auch die vielen Orden über den Kummer nicht hinweg.

„Der Volkstrauertag ist heute zu einem Tag der Mahnung und der Warnung vor dem Krieg geworden –und denkt man dabei an die Kriege in der Ukraine, in Syrien, dem Irak und in Afrika, stellt sich schon die Frage, ob man die Toten einfach nicht hören will“, so Martin Kreutz, 3. Bürgermeister des Marktes Mallersdorf-Pfaffenberg.

 

 

 

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