Geschichtswerkstatt in Schierling

Veröffentlicht am 13.12.2014 in Veranstaltungen

Freuten sich über die vielen interessanten Fundstücke die bei der Geschichtswerksatt 1. Weltkrieg gezeigt wurden. (v.l.)  Ernst Roth, Franz Graf, AK-SprecherRainer Pasta, Martin Auer, Archivarin Karin Hagendorn, Ortsvorsitzende Madlen Melzer, Robert Merl und Kirsten Reiter (beide SPD Langquaid) sowie Gerhard Schneider

 

„Nicht nur Napoleon hat in Schierling seine Spuren hinterlassen“

Geschichtswerkstatt 1. Weltkrieg gastierte in Schierling – Viele offene Fragen

Am vergangenen Wochenende gastierte die „Geschichtswerkstatt 1. Weltkrieg“ des SPD-Arbeitskreises Labertal in der Alten Schule in Schierling. Auch an der siebten und letzten Station der Aktion unter dem Titel „Das Labertal erinnert sich“ hatten die Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit, ihre Erinnerungsstücke an den Ersten Weltkrieg, die sie mittlerweile rund 100 Jahre sorgsam aufbewahrten, bewerten zu lassen und der Öffentlichkeit zu präsentieren. Eine ganze Reihe von einzigartigen Fundstücken konnte in Schierling gezeigt werden und die Organisatoren waren mit der Resonanz sehr zufrieden. Insbesondere, da deutlich wurde, dass die regionale Geschichtsforschung noch viele offene Fragen zu beantworten hat und die Aufrechterhaltung einer entsprechenden Erinnerungskultur nicht das Steckenpferd einiger weniger bleiben darf. „Nicht nur Napoleon hat in Schierling seine Spuren hinterlassen“, waren sich Organisatoren, Teilnehmer und Besucher einig.

Wie es sich bei den sieben Stationen der „Geschichtswerkstatt 1. Weltkrieg“ gezeigt hat, findet sich in jeder Gemeinde ein reichhaltiger Schatz an Erinnerungsstücken an die Zeit des 1. Weltkrieges. Dabei wird die Erinnerungskultur an den einzelnen Orten durch ganz unterschiedliche Fundstücke geprägt. So hatte auch die Geschichtswerkstatt in Schierling ihren ganz eigenen Charakter. So waren die Einzelschicksale von Peter Mauberger, einem Tiroler Kaiserjäger und Anton Treppesch, Mitglied des Schützenregiments Eger, dadurch geprägt, dass sie Soldaten der k.u.k. Monarchie waren und sie, oder ihre Nachfahren nach Schierling kamen. Insbesondere das Schicksal Anton Treppesch´s ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert.

Mehr als 30 Jahre steckte die russische Kugel im Knie

Im März 1915 wurde Anton Treppesch an der Karpatenfront in Südgalizien durch eine russische Gewehrkugel am Knie verletzt. Er konnte aufgrund seiner schweren Verwundung nicht mehr an der Front eingesetzt werden und musste zuerst als Wachsoldat und später als Rüstungsarbeiter in den Skoda-Werken das Ende des Krieges erwarten. Doch auch der 2. Weltkrieg forderte ein schweres Opfer von ihm. 1945/46 musste er das Egerland verlassen und wurde nach Deutschland vertrieben – hier fand er mit seiner Familie in Schierling eine neue Heimat. 1948 wurde ihm vom Schierlinger Arzt Dr. Stegbauer nach über 30 Jahren die russische Kugel aus dem Knie heraus operiert. Sein Enkel Wolfgang brachte diese Kugel und die Geschichte dazu mit zur Geschichtswerkstatt in der Alten Schule. Peter Mauberger hatte weniger Glück – er erlag am 3. Januar 1915 mit 30 Jahren seinen schweren Verwundungen in der heutigen Ukraine. Sein Kind wurde unehelich geboren, weil es durch den Krieg und seinen Tod nicht mehr zur Hochzeit mit seiner versprochenen Braut gekommen ist.

Dabei sollen die Erinnerungsstücke, die Erna Dünzinger an ihren Onkel Jakob Scheuerer aus Birnbach in Ehren hält, nicht in Vergessenheit geraten. Aus seinen Briefen in die Heimat lässt sich vieles herauslesen. Waren es zuerst die vielen Ansichtskarten u.a. aus Wien und Budapest, die belegen, dass die jungen Bauernsöhne das Abenteuer in der Ferne mit Staunen erlebten – später aber kamen Briefe aus dem Schützengraben, in denen der tapfere Soldat um Zündhölzer und Zucker bat, sollte wieder ein Feldpostpaket für ihn auf die Reise geschickt werde. Doch auch für ihn endete das anfängliche Abenteuer mit dem Tod in der Ferne.

Am Gasthaus Aumeier hingen die Todesanzeigen für die Kirchgänger

Mit dem Versprechen, dass Sterbebild ihres Onkels vorbeizubringen erfüllte Erna Dünzinger eine Bitte von Gerhard Schneider, der seit Jahrzehnten versucht, die Sterbebilder der Schierlinger Soldaten des Ersten Weltkrieges zusammenzutragen. Das Sterbebild von Jakob Scheuerer fehlte ihm noch in seiner fast vollständigen Sammlung. Neben einem sehr berührenden Kreuz aus Granatsplittern gefertigt, überraschte Gerhard Schneider mit den Aushängekästen, die am Gasthaus Aumeier die Kirchgänger während des Ersten Weltkrieges über die zuletzt Gefallenen informierten. Geschnitzt wurden die Rahmen von Baptist Lederer und in ihnen wurde die Todesanzeige und ein handschriftlicher Lebenslauf eingesteckt und so der tragische Verlust der Gemeinde kundgetan.

Gemeindearchive wären von immenser Bedeutung

Schneider hatte auch noch ein Bild dabei, dass ein scheinbar unglaubliches Rätsel birgt. Das Schierlinger Kriegerdenkmal für die 61 Gefallenen des Ersten Weltkrieges wurde 1923 zwischen den Aufgängen zur Kirche errichtet. Leider ist heute niemandem mehr bekannt, wann und warum dieses Denkmal entfernt wurde. Auch die Teilnehmer und Besucher konnten diese Fragen nicht beantworten – umso mehr wird dabei deutlich, dass die Archive der Gemeinden als Anlaufstelle für Familien, die ihre Erinnerungsstücke abgeben wollen, aber auch als wichtige Quelle für die regionale Geschichtsforschung, von immenser Bedeutung sind. Oft hängt es leider vom Interesse des jeweils amtierenden Bürgermeisters ab, ob eine Kommune sich dieser Verantwortung bewusst ist – oder eben nicht!

„Weihnachten sind wir wieder zu Hause!“

Die erwähnten Fundstücke und eine Reihe von „Kriegsschauplatzkarten mit aktuellem Frontverlauf“, die u.a. der „Laberbote“ als Abonnement mit wöchentlicher Aktualisierung anbot, werden am 21. Dezember die Abschlussausstellung des SPD-Arbeitskreises Labertal als Schierlinger Beitrag bereichern. Im „Haus der Generationen“ in Mallersdorf-Pfaffenberg werden die wichtigsten Stücke aus den sieben Geschichtswerkstätten in Ergoldsbach, Geiselhöring, Rohr, Sünching, Mallersdorf, Rottenburg und Schierling zusammengefasst. Die Ausstellung ist von 13 bis 18 Uhr der Öffentlichkeit zugänglich, anschließend lädt der AK-Labertal zum Historischen Themenabend ein. Neben einem Vortrag von Rita Halg-Kehl, MdB, zur Rolle der SPD vor, während und nach dem 1. Weltkrieg und einer Lesung aus den Kriegstagebüchern Carl Gandorfers durch Franz Graf, wird der Film Weihnachten 1914 gezeigt. Damit schließt sich der Kreis der mehrwöchigen Geschichtswerkstatt, die unter dem Motto „..Weihnachten sind wir wieder zu Hause“ steht.

 

 

 

 

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