„Sie prägten die bayerische Geschichte und den Ort Pfaffenberg auf ihre ganz persönliche Weise“

Veröffentlicht am 08.11.2010 in Ortsverein
Gandorfers - Gruppe
R. Pasta, Martin Kreutz, Franziska Gruber-Schmid, OStR Franz Graf, Dieter Gipser, Udo Berke, H. Kaiser, A. Buchner

„So muss das zu Zeiten der Gandorfers gewesen sein: Ein brechend volles Wirtshaus anlässlich einer SPD-Veranstaltung in Pfaffenberg“, freute sich Rainer Pasta, Sprecher des SPD-Arbeitskreises Labertal anlässlich der SPD-Veranstaltung am vergangenen Sonntag im Gasthaus
Stöttner in Pfaffenberg. Termin und Ort für ihren Historischer Themennachmittag unter dem Motto „Ein BGM/MdL/MdR aus Pfaffenberg – Carl
Gandorfer und sein Bruder Ludwig, der Revolutionär“ wählten der Arbeitskreis
Labertal und der Ortsverein Mallersdorf-Pfaffenberg mit Bedacht: Am 7.
November 1918 rief Ludwig Gandorfer mit Kurt Eisner die Bayerische Republik
aus und im Gasthaus Stöttner fand eine denkwürdige Versammlung statt, bei der Bürgermeister Karl Gandorfer in den frühen 30er Jahren den
Nationalsozialisten Heinrich Himmler aus dem Saal werfen ließ. In einem
detaillierten Vortrag bewertete OStR Franz Graf die bekannte Aktenlage zu
den Brüdern Gandorfer, räumte mit einigen biographischen Fehlern auf und
präsentierte neue Erkenntnisse zu den beiden bekannten, politisch bedeutenden Brüdern aus Pfaffenberg.

SPD-Ortsvorsitzender Martin Kreutz konnte neben vielen interessierten
Bürgerinnen und Bürgern aus der näheren und weitern Umgebung auch
Abordnungen der SPD-Ortsvereine Geiselhöring, Ergoldsbach, Schierling und
Langquaid begrüßen. OstR Franz Graf stellte als erstes, angesichts eines
übervollen Büchertisches die Frage, warum es trotz vieler einzelner Aufsätze
zum Thema Gandorfer, keine Monographie zu den bekannten und berühmten
Pfaffenberger Brüdern gebe. Er stellte die Hoffnung in den Raum, dass zum
100. Jubiläum von Freistaat und Revolution 2018, auch ein Buch zu den
Brüdern Gandorfer erscheinen werde. In den schicksalhaften Jahren zum Ende
des Ersten Weltkrieges und zu Beginn der Weimarer Republik prägten die
beiden Gandorfer – auf ihre ganz persönliche Weise - die bayerische
Geschichte und den Ort Pfaffenberg. Während Ludwig (SPD), parteipolitisch
erfolglos und mittlerweile erblindet, zusammen mit Kurt Eisner die
Revolution und die Republik Bayern ausruft und nach wenigen Tagen bei einem
mysteriösen Autounfall ums Leben kommt, vertritt sein Bruder Karl (Bay.
Bauernbund) die Interessen der bayerischen Bauern und speziell seiner
Kollegen in Niederbayern und dem Bayerischen Wald und stellt sich dem
erstarkenden Nationalsozialismus offen in den Weg. Sein diabetesbedingter
Tod kurz vor der Machtübernahme der Nazis, erspart im KZ und Liquidierung.

„Das muss sich Karl Gandorfer nicht gefallen lassen“
Franz Graf befasste sich ausführlich mit den zu den Gandorfers erschienen
Beiträgen und stellte eine Reihe von Fehlern richtig – hierbei erfuhren die
Zuhörer auf erfrischende Weise eine Menge Details aus dem Leben von Ludwig
und Karl Gandorfer. Ob im „Biographischen Handbuch des Reichstags“, beim
Online-Lexikon Wikipedia oder in den verschiedensten Aufsätzen zu den beiden
Brüdern – immer wieder stimmen entweder die Daten oder die Zuordnung der
historischen Gegebenheiten nicht. Nicht zuletzt im 2009 erschienen
„Heimatbuch zum Klosterjubiläum“, wo bei beiden Brüdern das Todesdatum nicht
stimmt, obwohl es auf den Grabsteinen auf dem Pfaffenberger Friedhof
jederzeit richtig zu finden gewesen wäre. Auch die Darstellung der
„schillernden politischen Karriere“ Karl Gandorfers erregte den Unmut des
Referenten. „Das muss sich Karl Gandorfer nicht gefallen lassen“, so Franz
Graf in seinen Ausführungen, „denn das ist eine eindeutig negative Wertung,
zumal das verwendete Zitat aus dem Jahre 1988 nicht als solches
gekennzeichnet worden ist“. Unverständlich ist es für Franz Graf auch, dass
im Zusammenhang mit einer Klosterfestschrift die Gandorfers zwar erwähnt
werden, eine entscheidende historische Begebenheit nicht erwähnt wurde, die
die durchaus positiven Beziehungen zwischen Karl Gandorfer und dem
Mallersdorfer Kloster belegt hätte. „1921 sagte der Kloster-Superior
Unverdorben in einem Hochverrats- und Untreueprozess zu Gunsten des
Pfaffenberger Bürgermeister aus. Anhand vieler Beispiele listete Graf die
z.T. sehr reaktionären Darstellungen der Gandorfers auf, erläuterte aber
auch die in jüngeren Jahren objektivere Bewertung der Bayerischen Revolution
und ihrer Helden. In seinen weiteren Ausführungen stellte Franz Graf die
„Literarisierung“ der Gandorfers durch Theaterstücke und Romane vor.

Im zweiten Teil seines Vortrags stellte Franz Graf die Ergebnisse eigener
Recherchen zu den Brüdern Gandorfer vor. Neben einzelner Passagen aus den im
Internet zu findenden Landtags- und Reichstagsprotokollen präsentierte der
Referent seine Erkenntnissen aus den bisher unveröffentlichten
Kriegstagebüchern Karl Gandorfers. Zum Bruder Ludwig Gandorfer konnte Franz
Graf durch persönliche Einschätzungen seiner Familie und die mysteriösen
Umstände seines Todes (1918) die sehr dünnen Aktenlage ergänzen. Auch die
Umstände um die „Landverschickung“ der Söhne Karl Liebknechts, der Ältere –
„Helmi“ hielt sich nachweislich vom 16.6. bis 8.9. 1918 im Zollhof in
Pfaffenberg auf, konnte Franz Graf darstellen. Karl Liebknecht wurde nur
wenig später in Berlin ermordet. Schließlich legte Graf ein besonderes
Augenmerk auf den Erdrutschsieg Karl Gandorfers bei den Bürgermeisterwahlen
1911 sowie seine letzen Lebensjahre. In vielen Gerichtsprozessen und
Reichstagsreden lieferte sich der Pfaffenberger Bürgermeister und
Bauernbundführer schwere Gefechte mit den Nationalsozialisten, ehe er 1932
in Folge seiner Diabetes verstarb.

Anschließend nutzten die vielen interessierten Besucher, die sogar aus
München angereist waren, die Möglichkeit sich am Büchertisch über die
zahlreichen Einzelbeiträge zu den Brüdern Gandorfer zu informieren, staunten
aber auch über die zahlreichen Original-Fundstücke und Fotos. Die Zuhörer
fanden zum Schluss der Veranstaltung ihre vielen Fragen kompetent
beantwortet und nicht zu letzt fand auch der ehemalige Bürgermeister Norbert
Bauer lobende Worte für seinen Amtsvorgänger und dessen soziale Einstellung.

Büchertisch: Viel Aufmerksamkeit schenkten die Zuhörer aus nah und fern dem äußerst reichlich bestückten Büchertisch

Büchertisch: Viel Aufmerksamkeit schenkten die Zuhörer aus nah und fern dem äußerst reichlich bestückten Büchertisch

Vielen Dank an alle Besucher. Interessierte an der gezeigten Präsentation nehmen bitte mit Ortsvorsitzendem Martin Kreutz Kontakt auf. Dies ist möglich über das Kontaktformular der Homepage.

Hier ist die Galerie zur Veranstaltung zu finden.

 

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