Wanderausstellung "Schuld & Sühne?" - Station Ergoldsbach

Veröffentlicht am 25.10.2016 in Veranstaltungen

Freuten sich die Ausstellung in Ergoldsbach präsentieren zu können: (v.l.) 1. Bürgermeister Ludwig Robold, Michael Forster, Ruth Müller, MdL, Karin Hagendorn, Sebastian Hutzenthaler, Rainer Pasta, Franziska Gruber-Schmid und Helmut Siegl

 

NS- Gewaltverbrechen und ihre Aufarbeitung

Wanderausstellung gastiert im Rathausfoyer in Ergoldsbach

 

Derzeit präsentiert der SPD-Arbeitskreis Labertal eine Wanderausstellung des Staatsarchivs München, die auf 14 Ausstellungstafeln die Ermittlungen und Strafverfahren wegen Nationalsozialistischer Gewaltverbrechen zeigt. Die Ausstellung gastiert vom 22. bis 30. Oktober in Ergoldsbach und wurde mit der Landtagsabgeordneten Ruth Müller am Montagabend im Rathausfoyer. Die Ausstellung kann täglich während der Geschäftszeiten besichtigt werden. Anschließend wandert die Ausstellung weiter nach Aufhausen, Rottenburg, Straubing, Pfaffenberg, Geiselhöring und Regensburg.

Bürgermeister Ludwig Robold und Helmut Siegl, Leiter des Heimatmuseums Ergoldsbach, freuten sich, dass der Arbeitskreis Labertal zum wiederholten Male mit einer Ausstellung in Ergoldsbach gastiert und einen fundierten Betrag zur Heimatgeschichte leiste. Die Landtagsabgeordnete Ruth Müller erinnerte in Ihrem Grußwort, dass die Ausstellung am 6. Mai 2014 zum ersten Mal im Staatsarchiv München gezeigt und für die Ausstellungsreihe im Labertal um ausgesuchte niederbayerische Fälle ergänzt wurde. Müller lobte den Anspruch des Arbeitskreises Labertal, „Kultur und Bildung auf das Land zu holen““. „Die NS- Gewaltverbrechen und ihre Aufarbeitung sind ein wichtiges Kapitel in unserer deutschen Geschichte und wir werden daran erinnern, damit das nie wieder passiert“, so Müller weiter, die an ein Zitat Willy Brandts erinnerte und forderte: „Wir sollten uns zu unserer Demokratie bekennen, sie verteidigen und mehr Demokratie wagen.“

Gerichtsverfahren ließen Verbrechen nicht in Vergessenheit geraten

Arbeitskreis-Leiter Rainer Pasta bedankte sich für die Möglichkeit, die Ausstellung in Ergoldsbach zu zeigen und bemerkte die Aktualität des Themas in Bezug auf die „Akte Rosenburg“ – einer Studie, die zeigt, dass nach dem Zweiten Weltkrieg viele Alt-Nazis führende Positionen im Bundesjustizministerium bekamen und die Strafverfolgung von NS-Tätern hintertrieben. Pasta erinnerte auch an die Einschätzung des Leiters des Staatsarchivs Münchens, Dr. Christoph Bachmann, der die Ausstellung initiierte und feststellte, dass die Bedeutung der Verfahren mit Blick auf Sühne und Vergeltung negativ zu bewerten sei, da nur wenige Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen wurden. Der angesammelte Archivbestand dokumentiere aber die Umstände vieler Verbrechen, die ansonsten der Vergessenheit überlassen worden wären.

Einblick in die Verfahrensabläufe und beispielhafte Prozesse

Anschließend führte Karin Hagendorn durch die Ausstellung des Staatsarchivs München, die einen Einblick in die Verfahrensabläufe gibt und einige Prozesse vorstellt, die aus der Masse der Strafverfahren herausragen. Ein großer Abschnitt der Ausstellung widmet sich den Verbrechen im Konzentrationslager Dachau, deren juristische Aufarbeitung ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft München II fiel. Ein weiterer Abschnitt widmet sich besonderer NSG-Verfahren, die den Tod von Stalins Sohn Jakob Dschugaschwili, die Ermordung von Edith Stein und dem Hitlerattentäter Georg Elser betreffen.

Die aus Niederbayern aufgenommenen Fälle handeln von Cäcilie Wühr, Josef Fritz, Ottilie Meindl und Nikolaj Sanian aus Drachselsried/Viechtach sowie Agnes Schober aus Regen und die KZ-Nebenlager Passau I (Oberilzmühle) und Passau II. Um die regionale Komponente in die Ausstellung einzubringen hat der AK Labertal die zwölf Ausstellungstafeln des Bayerischen Staatsarchivs um zwei weitere Tafeln ergänzt: Die fehlende gerichtliche Aufarbeitung zu den Vorkommnissen im Polenkinderlager Laberweinting und die Entnazifizierung werden darauf ebenso thematisiert wie die

Standgerichtsprozesse zur Ermordung von Domprediger Johann Maier, Regensburg;  Regierungsrat Dr. Franz Seiff, Landshut ,sowie Friedrich Beutlhauser und Alois Huber in Ittling.

„Sie haben Ihren Mut mit dem Leben bezahlt“

Bei Standgerichten in den letzten Kriegstagen gab es nur zwei Urteile: Tod oder Freispruch.  Für die Mordtaten, die von der Terror- und Mordmaschinerie der SS in der allerletzten Kriegsphase exzessiv begangen wurden, sind die Täter ganz unterschiedlich zur Verantwortung gezogen worden, berichtete Karin Hagendorn und stellte den Fall von Regierungsrat Dr. Franz Seiff vor, der am 29.04.1945 in Landshut von der SS ermordet wurde.

Franz Seiff, einer der beiden Anführer der Landshuter Widerstandsbewegung im Namen der Freiheitsaktion Bayern (FAB) hatte einen Plan. Hätte er geklappt, wäre der gut Englisch sprechende Franz Seiff mit einem Motorrad den Amerikanern entgegengefahren und hätte ihnen die Kapitulation angeboten. Dazu kam es jedoch nicht. Franz Seiff wurde verhaftet und auf Veranlassung des Gauleiters Ludwig Ruckdeschl ohne Verfahren von einem SS-Kommando öffentlich am damaligen Viehmarkt-Platz an einem Baum erhängt. Um den Hals hänget man ihm ein Plakat mit der Aufschrift: „So endet ein Volksverräter“. Zwei Tage später marschierten die amerikanischen Truppen in Landshut ein, wie Karin Hagendorn zu erzählen wusste.

„Im Namen des Gesetzes“

„Im Namen des Gesetzes“ wurde Ludwig Ruckdeschl am 29.1.1949 wegen Totschlags und unter Einrechnung von bereits verhängten 8 Jahren ( für die standgerichtliche Ermordung von Domprediger Johann Maier in Regensburg) zu gesamt 13 Jahren verurteilt, die beiden anderen Angeklagten, Ernst Huber-Roethe (Stadtrat und NS-Ortsgruppenleiter) und Dr. Otto Heidt (NS- Ortsgruppenleiter  und stellv. NS-Kreisleiter, Waffen-SS und Kommandeur des Ersatzbataillons in Landshut) wurden von der  Beihilfe zum Todschlagsversuch freigesprochen.

Ludwig Ruckdeschel, geboren am 15.3.1907 in Bayreuth war bereits von 1921 bis 1922 in der völkischen Jugendbewegung aktiv und trat nach der Neugründung der NSDAP im Frühjahr 1925 nicht nur in die SA, sondern auch in die Partei selbst ein. Unmittelbar nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ im Frühjahr 1933 wurde Ruckdeschel am 1. Februar 1933 zum Gaugeschäftsführer und Stellvertreter des Gauleiters im Gau Bayerische Ostmark (Oberfranken-Oberpfalz-Niederbayern) berufen. Im selben Jahr wurde er Mitglied des Reichstages, dem er bis 1945 angehörte. Vom 19. April 1945 – nach der Erschießung seines Vorgängers - bis zur deutschen Kapitulation amtierte Ruckdeschel als letzter Gauleiter des Gaus Bayreuth und fand nach der vorzeitigen Haftentlassung 1952 eine Beschäftigung als Gästeführer für prominente Gäste bei VW in Wolfsburg und genoss seinen Lebensabend.

 

 

 

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