SPD im DIALOG mit der PFLEGE

Veröffentlicht am 07.10.2018 in Kommunalpolitik

Führten eine engagierte Diskussion um dem Pflegenotstand zu begegnen: (v.l.) Barbara Kasberger, Bernhard Fürst, Michael Wittmann, Ralf Neiser, Tobias Bachmeier, Maria Huber und Karl Ankerl aus Straubing

„Pflegenetzwerk Labertal“ könnte Situation verbessern

Expertenrunde diskutierte Lösungsansätze gegen den Pflegnotstand

Am Donnerstag befasste sich die Geiselhöringer SPD in der Taverne Korfu in ihrer „SPD im DIALOG“-Reihe mit der aktuellen Situation der Pflege in der Stadt. „Wie kann der Pflegenotstand gestoppt werden?“ diskutierten Ralf Neiser, Leiter des AWO-Seniorenzentrum Geiselhöring, Tobias Bachmeier, Inhaber des gleichnamigen privaten Pflegedienstes am Ort, Bernhard Fürst, Verwaltungsleiter des Klinikums Mallersdorf mit der SPD-Vorstandschaft und interessierten Bürgerinnen und Bürgern. Zusätzlich brachten Maria Huber, Leiterin des Pflegeheims St. Nikola und ihr Vorgänger Karl Ankerl aus Straubing ihre Positionen mit ein. „Der aktuelle Pflegenotstand gründet auf mehrere Versäumnisse und Fehlentscheidungen der Vergangenheit und kann durch lokale Maßnahmen nur abgelindert werden“, so die gemeinsame Erklärung der Pflegeverantwortlichen. Die derzeit noch zufriedenstellende Versorgung in Geiselhöring könnte durch eine engere Zusammenarbeit der Akteure in einem neu zu gründenden „Pflegenetzwerk Labertal“ verbessert werden, fasste Ortsvorsitzender Michael Wittmann das Gesprächsergebnis zusammen.

Wie bei diesem Veranstaltungsformat üblich, hatten die Gäste das erste Wort und können ihre Fragen an die Fachleute stellen, nachdem die eingeladenen Pflege-Verantwortlichen einen aktuellen Zustandsbericht für Geiselhöring und das Klinikum Mallersdorf abgegeben hatten. „Geiselhöring ist mit einem Seniorenzentrum (stationäre Unterbringung und betreutes Wohnen) sowie zwei ambulanten Pflegediensten (SoFiA und Bachmeier) für die aktuelle Einwohnerzahl bestens versorgt“, so die einhellige Meinung der Anwesenden. Aber in der folgenden Diskussion wurde schnell klar, dass die Versorgung auf wackeligen Beinen steht. Das Seniorenheim gehört zu den 33 Heimen in Niederbayern, die sich, aufgrund der angespannten Personallage, einen Aufnahmestopp auferlegt haben. „Eine Vollbelegung können wir mit unserem Personalstamm aktuell nicht stemmen“, so Heimleiter Ralf Neiser. Im Bereich der ambulanten Pflege können die Dienste noch Aufträge annehmen, wenn auch in geringem Ausmaß, so Ralf Neiser und Tobias Bachmeier.

Pflegesituation in der Region sehr angespannt – Geiselhöring noch gut versorgt

Dass sich Geiselhöring mit dieser Situation glücklich schätzen kann, erklärten Maria Huber und Karl Ankerl aus Straubing, die berichten, dass im Straubinger Süden und Westen keinerlei ambulante Pflege mehr angeboten werden könnte. Hier würden bereits Pflegedienste aus Regensburg einspringen um die Versorgung aufrecht zu erhalten. Wer es sich leisten kann und diese Art der Versorgung in Ordnung findet, greift auf eine 24-Stunden-Versorgung durch ausländische Kräfte zurück, die über die sogenannte 70-Tage-Regelung hier tätig werden können. Für alle anderen Fälle bleibt nur die Angehörigenpflege, die zwar von allen als „die beste Lösung“ propagiert wurde, aber durch fehlende Kurzzeitpflegeplätze und Entlastungsangebote für die pflegenden Angehörigen, eine ungeheuere persönliche Belastung bedeute.

Wie angespannt die Situation in der Region ist, berichtete Bernhard Fürst, der als Verwaltungsleiter des Klinikums Mallersdorf durch das neue Entlassungsmanagement bereits bei der Einlieferung eines pflegebedürftigen Patienten, oder wenn eine anschließende Pflegesituation absehbar ist, tätig werden muss, um eine anschließende Heimunterbringung zu organisieren. Ralf Neiser konnte dies nur bestätigen: „Wir bekommen täglich vier bis fünf Anfragen umliegender Krankenhäuser, die Heimplätze suchen. Aber, wie die Nachbarheime in der Region, müssen wir hier abwinken – dazu kommt, dass unsere `Warteliste´ auch mit 30 Personen mehr als über strapaziert ist.“

 

Politische Fehlentscheidungen führten ins Desaster

Die anwesenden Bürgerinnen und Bürger machten sich zunehmend Sorgen, „ob wir denn eine angemessene Versorgung im Alter bekommen, wenn wir sie dann brauchen!?“ Und so kam die Diskussion schnell zu den Ursachen des Pflegenotstands und den Lösungsansätzen, wie im Fall Geiselhöring dieser abgewendet werden könnte. Falsche politische Weichenstellungen, wie die Stilllegung vieler ortsnaher Pflegeschulen (u.a. am Klinikum Mallersdorf), die Einführung von Fallpauschalen ohne Rücksicht auf den Zustand und die Einzelsituation des zu behandelnden Patienten oder die pauschale Auszahlung eines Pflegegeldes (1000 Euro pro Jahr) ab Pflegestufe 2 wurden angeführt. Letzteres sei zwar ein schönes Taschengeld, dass jeder gerne mitnehme, aber die dafür angesetzten 400 Millionen Euro wären an anderer Stelle dringend nötiger einzusetzen. „Zumal wenn man weiß, dass aus dem gesamten Investitionstopf der Staatsregierung, nach Abzug des Pflegegeldes, nur noch 60 Millionen für tatsächliche Investitionen übrig blieben“, so Michael Wittmann, der darauf verwies, dass das Pflegegeld eben nur als Wahlkampfgeschenk der CSU zu betrachten sei, für die angespannte Situation in der Pflege aber nichts bringe. Auch auf Bundesebene brächten die angedachten Lösungen keine Abhilfe. Für die versprochenen 13.000 zusätzlichen Stellen gibt es kein Personal und die Idee, medizinische Aufgaben durch Hilfskräfte erledigen zu lassen, sei mehr als kontraproduktiv, so die einhellige Meinung.

 

Die Expertenrunde scheute sich nicht, eigene Lösungsansätze zu erarbeiten. Schnell wurde klar, dass man hier, egal ob stationäre oder ambulante Pflege aber auch die Krankenpflege an einem Strang ziehen müsse. „Wir dürfen uns nicht weiter als Konkurrenten um Personal und Kunden sehen, sondern müssen unsere Angebote und Beschäftigungsmodelle als ergänzende Faktoren sehen“, so Ralf Neiser. Auch die Generierung von Nachwuchskräften bei Schulveranstaltungen und Ausbildungsmessen könnte gemeinsam erfolgen ohne den einzelnen zu überfordern, warf Schulleiterin Barbara Kasberger aus eigener Erfahrung ein.

 

Regionale Zusammenarbeit und bezahlbarer Wohnraum als Schlüssel zum Erfolg

Die engere Zusammenarbeit dürfe aber nicht an der Stadtgrenze enden, sondern müsse zumindest auf die Nachbarorte, am besten auf die ganzen Region ausgeweitet werden, ergänzte Rainer Pasta, der die Verantwortlichen dazu aufrief über Verbands- und Regierungsbezirksgrenzen hinaus zu denken. Hier erwarten sich die Anbieter aber auch Unterstützung der Kommunalpolitik. Ebenso in der Bereitstellung von angemessenem und bezahlbarem Wohnraum. „Wenn wir heute schon über ausländische Pflegekräfte reden, die wir anstellen sollen, dann müssen die hier auch am Arbeitsplatz wohnen können“, so Ralf Neißer. Es nutze nichts, wenn man auf Mietangebote in den Nachbarorten verweist, denn dann sind die Arbeitskräfte auch schnell an den Nachbarort verloren. Außerdem nütze es nichts, wie geschehen die Ausbildungs- und Verdienstmöglichkeiten in der Pflege zu verbessern, wenn gleichzeitig die Mieten ins Unbezahlbare steigen würden.

 

Ohne ausreichend qualifiziertem Personal geht gar nichts

Abschließend erfolgte der gemeinsam Appell aller Beteiligten, die Arbeit in der Pflege nicht schlechter zu reden, als sie sei. Gemeinsam könne man allen Interessierten passgenaue Arbeitszeitmodelle anbieten, denn je nach Einrichtung, seien Teilzeit und Vollzeit-Arbeitsplätze in allen möglichen Varianten verfügbar. Durch eine gute Organisation in den Einrichtungen und verbesserte Personalschlüssel würde sich auch die persönliche Belastung reduzieren. „Dies alles steht und fällt aber damit, dass wir genügend qualifizierte Arbeitskräfte vor Ort zur Verfügung haben“, so die Vertreter der Einrichtungen in einem gemeinsamen Schlusswort.

 

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