Europa sind wir

Veröffentlicht am 12.09.2011 in Ortsverein

MdEP Ertug (3. v.l.), MdL Perlak (3. v.re.), Kreisvorsitzender Heinz Uekermann (li.) & Martin Kreutz (4.v.l.)

Euro- Bonds, Euro- Krise und die Europäische Verkehrspolitik für Ostbayern waren einige Themen der Veranstaltung der Mallersdorf-Pfaffenberger SPD und des SPD-Arbeitskreises Labertal mit MdEP Ismail Ertug und MdL Reinhold Perlak.

MdEP Ertug ist als Mitglied im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und Vertreter aus unserer Region (Niederbayern/Oberpfalz) ein gern gesehener Gast im Labertal. Der Straubinger Abgeordnete Reinhold Perlak ist Mitglied im Europa-Ausschuss des Landtags und unterstützt die Ortsvereine bei ihrer politischen Arbeit gerne. Der Ortsvorsitzende und Marktgemeinderat Martin Kreutz freute sich, "dass in einer Zeit, in der Europa ein immer größeres Thema wird, unsere Volksvertreter zu uns kommen. Rein rechnerisch vertritt ein Parlamentarier im Europäischen Parlament über 600000 Bürger der EU. Da ist es eine große Chance, Fragen, die man zur Europäischen Union hat, hier und heute zu stellen“.

„Europa ist so unpopulär, wie schon lange nicht mehr – aber WIR sind Europa!“, so Ismail Ertug zu Beginn seines engagierten Vortrags. „Wir haben Europa zusammen auf den Weg gebracht, haben es zusammen mitgestaltet und müssen es zusammen weiterentwickeln, stabil und sozial gerecht, denn nur dann können wir weiter in Frieden leben“, so Ertug weiter. Seit rund 3 Jahren ginge es nur noch um Geld, die Sanierung der Banken, um defizitäre Staatshaushalte und die Frage um die Stabilität des EURO. Der Europaparlamentarier forderte die Zuhörer auf, sich dafür einzusetzen, dass die Sicht auf die EURO-Krise von den Problemen Griechenlands getrennt werde. „Die übermäßige Schuldenlast der Mitgliedsstaaten ist unser aller Problem. Griechenland ist nur das Land, dass als erstes Probleme damit bekommen hat!“ Entscheidend ist, dass in Europa das Parlament nicht gefragt und eingebunden wird, bei der Frage, wie die Probleme gelöst werden können“, kritisiert Ertug. Die Staats- und Regierungschefs, allen voran Merkel und Sarkozy als ’Lokomotiven’ Europas, bestimmten den Weg oftmals in Hinterzimmergesprächen – das Europäische Parlament, die gewählten Volksvertreter, blieben außen vor. Aus diesem Grund begrüßte Ertug die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Kompetenzen des Parlaments bekräftigt habe. Auch bei der Europäischen Kommission sieht Ertug eine Kurskorrektur hin zu mehr Parlamentarismus. Bisher sei eine Gesetzgebungsinitiative nur durch die Kommission möglich. Erst bei Mehrheiten im Parlament könne hier Druck aufgebaut werden – eine Gesetzesinitiative durch das Parlament sei längst überfällig.
Die Position der SPD sei es aus den Fehlern – auch aus den eigenen zu lernen. Man befasse sich heute bereits mit der 3. Krise in Folge – Immobilienkrise – Bankenkrise – Staatenkrise - , dazu komme die Globalisierung, die weltweite Verknüpfung wirtschaftlicher Entwicklungen. Das ungeheuere Staatsdefizit der USA und die Betroffenheit Chinas, als deren größter Kreditgeber, gefährden die exportorientierten Staaten Europas zusätzlich. Allein den SPD-Ministern der Großen Koalition sei es zu verdanken, dass Deutschland so schnell und gut aus der Krise gekommen sei. Die Verlängerung der Kurzarbeit und die Konjunkturprogramme, oft gegen den Widerstand der CDU/CSU durchgesetzt, koppelte die deutsche Wirtschaft von den negativen Entwicklungen weitgehend ab – bis heute. Andererseits sei die Unterstützung der Banken aus den Staatshaushalten – ob richtig oder falsch -müsse man im Einzelfall abwägen – sei ein ernstes Problem, so Ertug. Gerade kleiner, wirtschaftsschwache Nationen – wie eben Griechenland – seien hier überfordert. „Sparen allein, so wie die Europäische Kommission und der Europäische Währungsfond es verlangen, sei keine Lösung. Allein in Griechenland hat die schwache Wirtschaft in den letzten Monaten weitere 5% eingebüßt. Wir brauchen für diese Länder neue Wirtschaftstrukturen und Hilfen gegen Spekulationen. Eine Lösung sind die sogenannten Euro-Bonds, europaeinheitliche Kreditpapiere“. Sicherlich würde Deutschland ein paar Prozent höhere Zinsen bezahlen – dafür aber haben wir die Schuldenbremse eingebaut – andererseits würden die schwachen Länder wieder zu vernünftigen Zinsen an Kredite kommen und die Spekulanten wären ausgebremst. Dies müsste, so Ertug, aber an Auflagen gegenüber der Kreditnehmer gebunden sein, damit die Schludrigkeit bei den Staatshaushalten aufhöre. Ertug forderte ein Investitionsprogramm für Griechenland, bei dem auf Solarenergie gesetzt wird. „Wir wollen 200 Mrd. Euro in das Projekt desertec in Nordafrika investieren, sehen aber nicht, die Chance der Solarenergie für Griechenland, Italien, Spanien und Portugal – hier könnte die dezentrale Energiegewinnung für Mitteleuropa entstehen und gleichzeitig die Staaten finanziell saniert werden.“ Dazu sei es aber nötig, die Energiepreise von den Finanzmärkten (Spekulation mit Öl) abzukoppeln. Weiterhin, so Ertug, sei eine Finanzmarkttransaktionssteuer, die Verstaatlichung der Ratingagenturen oder die Anhebung der Eigenkapitalquote (nicht nur bei Banken) erforderlich.
Ismail Ertug sieht das europaweite Problem in der fehlenden Harmonisierung der Geld-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in einer seit 10 Jahren bestehenden EURO-Region. „Wir brauchen eine Harmonisierung auf hohem Niveau – Deutschland muss dafür sorgen, dass seine hohen Standards als Vorbild dienen und nicht mit dem Finger auf andere zeigen“, so Ertug weiter. Gerade die einseitige, exportorientierte Wirtschaftspolitik müsse zurückgefahren werden. Die auf Kosten der Arbeitnehmer durchgesetzte unternehmerorientierte Wirtschaftspolitik habe die anderen Nationen „an die Wand fahren lassen“. Deutschland habe inzwischen die weltweit geringsten Lohnstückkosten und lasse anderen EU-Staaten auf weiten Feldern keine Chance mitzukommen – alles zu Lasten der Arbeitnehmer. Die derzeitige Situation gefährde Deutschland aber trotzdem, weil die Banken bereits wieder anfangen sich gegenseitig zu misstrauen und ihr Geld lieber bei der Europäischen Zentralbank parkten als es zu verleihen. Eine einheitliche europäische Finanzpolitik unter einem europäischen Finanzminister sei unumgänglich – bei der Landwirtschaft, dem Verkehr oder im Bereich Umwelt habe es sich bewährt, dass die einzelnen Staaten mehr Kompetenzen an Europa abgeben, dafür aber mehr Sicherheit bekämen.
Der Straubinger Abgeordnete Reinhold Perlak, Mitglied im Europa-Ausschuss des Landtags, bestätigte die Unsicherheit der Menschen beim Blick auf Europa - und zeigte dafür Verständnis. „Wenn sich die Spitzen der Europäischen Zentralbank durch Rücktritt der Verantwortung entziehen und die Staatschef von einer Krisensitzung zur nächsten hetzen muss die Unsicherheit bei den Menschen wachsen. Die Angst um die Stabilität des EURO , die Angst um den eigenen Wohlstand überdeckt die hervorragende Entwicklung Europas, die längste Friedenszeit in der Geschichte des Kontinents.“ Perlak erklärte sich als „überzeugter Europäer“ und verwies auf die vielen Klippen, die bis zum „Europa der 27“ umschifft werden mussten. Perlak beschrieb anschaulich die Einflussmöglichkeiten des Landesparlaments auf die Entscheidungen in Brüssel und förderte eine verstärkte Kooperation zwischen Kommunen, Länderregierungen (Bundesrat) und Bundestag (Bundesregierung). Hier erinnerte er an die verschlafene Entwicklung der ostbayerischen Verkehrsachse B20 nach der Grenzöffnung und bestätigte, dass Tschechien gegenüber Bayern hier weit voraus sei. „Bund, Land und Europa haben hier die Notwendigkeiten bis heute nicht erkannt“. Ab 2014, so Perlak werden die Förderregionen neu festgelegt. Da das Finanzvolumen mit der Zunahme an Mitgliedsstaaten nicht mitgewachsen sei, müssen die 268 Regionen Europas in einen stärkeren Wettbewerb untereinander treten. Nur mehr projektbezogene Förderungen seien möglich und die Chancen stiegen für Makroregionen wie etwa die Donau-Moldauregion (Bay-OÖ-CZ) – hierzu habe er die nötigen Ziele formuliert und werde sie in der anstehende Klausur der SPD-Landtagsfraktion zur Abstimmung stellen.
Anschließend beteiligten sich Ismail Ertug, Reinhold Perlak und viele örtliche Genossen am Festakt zur 10-jährigen Partnerschaft zwischen Mallersdorf-Pfaffenberg und der polnischen Stadt Jedlice, bei dem es ausschließlich um die positiven Seiten der europäischen Entwicklung ging und die Sorgen um Euro- Bonds und Euro- Krise zurückstehen mussten.

Galerie zur Veranstaltung "Europa sind wir" mit weiteren Bildern.

 

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