Terminankündigung: 70 Jahre Wiedergründung der SPD im Altlandkreis Mallersdorf - 4

Veröffentlicht am 24.11.2015 in Veranstaltungen

Landrat verzweifelt gesucht

Sozialdemokraten feiern 70 Jahre Wiedergründung und politischen Neuanfang im Altlandkreis Mallersdorf

Am 26. November um 19.30 Uhr feiert die SPD im Labertal im Haus der Generationen in Mallersdorf-Pfaffenberg die Wiedergründung der Partei nach dem 2. Weltkrieg und den politischen Neuanfang. Mitte November 1945 beantragte die SPD im Landkreis Mallersdorf die Wiedergründung. In der Weihnachtswoche 1945 wurde diesem Antrag stattgegeben. Die Berichte zu den ersten Landräten in Mallersdorf spiegeln die politische und moralische Wirrnis der Zeit wieder.

Schon am 30 April 1945 kam eine „Amerikanische Militärregierung“ nach Mallersdorf. Im Zuge der angestrebten Entnazifizierung wurden umgehend viele Ämter neu besetzt. Als erstes wurde im Mai 1945 neue Landräte bestimmt. So war die erste Amtshandlung der Militärregierung die Einsetzung von Hermann Hartenbach als neuen Landrat am 17. Mai 1945. Auch die Auswechslung aller Bürgermeister in den 38 Gemeinden des Landkreises Mallersdorf wurde befohlen. Auch in den 38 Gemeinden setzte die amerikanische Verwaltung neue, nicht-nationalsozialistische Bürgermeister ein. Diese sollten für Ruhe und Ordnung sorgen. Zielsetzung der USA: Die Verwaltungsarbeiten in den Gemeinden sollten schrittweise, aber spätestens bis 30. Juni 1946, auf die deutschen Stellen übertragen werden.

Hartenbach verließ als Gegner des Nationalsozialismus im April 1934 mit seiner Frau (einer Französin) und seiner Tochter Deutschland und lebte bis April 1944 in Frankreich - getrennt von seinen beiden Söhnen, die in München blieben um ihr Studium zu beenden. Vor April 1934 war Hartenbach mehrere Jahre Direktor des Darmstädter Bankhauses in Wiesbaden. Das Ehepaar Hartenbach kam 1944 nach Deutschland zurück und wohnte in einem abgelegenen Dorf in Bayern (?).

Im Bericht der Amerikaner für die Woche vom 21.-28. September ist das erste Treffen der (Kreis-)Räte im Büro des Landrats Hartenbach am 27. September 1945 erfasst. Hier wird deutlich gemacht, dass das oberste Ziel der Besatzer die Umerziehung der deutschen Bevölkerung zu einer demokratischen Lebensweise sowie deren Entwaffnung sei. Die Mitglieder des Rates erklärten, dass die weitere Präsenz von Ortsgruppenleitern und anderen Mitglieder der Nazi-Organisationen im Landratsamt das freie, politische Denken der Bevölkerung behindere.

Die Militärregierung als Repräsentant der USA wurde gefragt, warum diese Ortsgruppenleiter weiter im Kreis verweilten. Es war bekannt, dass diese Männer eingesperrt waren und auf Veranlassung der Militärregierung zurückkehren konnten. Die Bevölkerung beklagte auch, den zu „weichen“ Umgang mit den bekannten Nazis und dem zu „harten“ Umgang mit Menschen, die nur Mitglieder in den Nazi-Organisationen, aber keine aktiven Nazis waren. Die Ortsgruppenleiter wurden entlassen, während andere, die nur NSDAP-Mitglieder wurden, um ihr  Lebensunterhalt zu sichern und passiv in ihrer Mitgliedschaft waren, auf unbestimmte Zeit interniert blieben.

Im Wochenbericht für den 16.-23. November 1945 wird berichtet, dass in vielen Gemeinden eine gewisse Normalität nur schleppend eintritt. Eine Vielzahl der Bürgermeister seien Landwirte und in ziviler Verwaltung unerfahren. Viele der Bürgermeister bräuchten Unterstützung für statistische und besondere (Verwaltungs-)Aufgaben. In vielen Fällen sei es in den kleinen Gemeinden schwierig bis unmöglich entsprechende Unterstützung zu finden.

Kampf um die Pressefreiheit

Am 9.4.46 bringt die Mittelbayerische Zeitung einen Artikel mit dem Titel  „Musterkreis“ Mallersdorf in Niederbayern – und fragt, „wann wird dort endlich durchgegriffen“?  Weiter hieß es: Die Reaktion rührt sich. Teils offen, teils verschwiegen. „Das Alte soll begraben sein, rühren wir nicht mehr an der Vergangenheit“, so fingen die Schuldigen an und setzten sich gemütlich in die Amtsstellen, oder bleiben in ihnen sitzen. „Wenden wir alle Kraft an den Wiederaufbau“, so hieß es weiter und man baute lustig auf, natürlich im Nazisinne. In einer ganzen Reihe von Landkreisen, die fernab vom Verkehr liegen, kann man das beobachten. Greifen wir mal einen heraus: Den Kreis Mallersdorf in Niederbayern.“

Landrat Herr Hartenbach wird vorgeworfen, dass seine Tochter, die das Rote Kreuz leitee, gleichzeitig Vorzimmerdame des Landrats sei und zur Zeit im Kreisauto das Autofahren lerne. Der Sohn sei Arzt im Kreiskrankenhaus und Vertrauensarzt des Arbeitsamtes. Weiter werden verschiedene Verwaltungsangestellte und der Polizei direkt als Nazis entlarvt oder mit zum Teil engen Kontakten und Freundschaften zu früheren Nazikreisen in Verbindung gebracht.

Nicht viel anders solle es in Geiselhöring und Laberweinting zugehen, so die MZ weiter und stellt fest: „Trotzdem über die Verhältnisse in Laberweinting und Geiselhöring von unbescholtenen Leuten dieser Orte beschwerden an den Landrat gegangen sind, ist nichts erfolgt. Auch die Regierung, an die Beschwerden gingen, hat nichts gegen die Leute unternommen. Wahrscheinlich auf Grund von Beurteilungen der Beschwerdeführer durch den Herrn Landrat. Man macht in den früheren Nazikreisen sich das Leben sehr einfach. Wer sich gegen die erneute Verseuchung der Verwaltung  durch Nazis und Militaristen wendet, ist unbequem und wird als Denunziant gebrandmarkt. Bezug genommen wird hier auf die Auseinandersetzungen des zukünftigen SPD-Landtagsabgeordenten Simon Vogl aus Greißing, der mit den örtlichen Nazis aneinander geriet.

Eine große Gefahr sieht die MZ darin, dass „bei dieser Sachlage - nicht nur in diesem Kreis in Bayern - die neuen Spruch(kammer)ausschüsse auf Vorschlag der Landräte mit Leuten besetzt werden, welche entgegen den Absichten des Ministeriums die Kleinen hängen und die Großen laufen lassen“.

In der Isarpost vom 7.5.1946 haben der Landrat des Kreises Mallersdorf und der Regierungspräsident daraufhin Erklärungen veröffentlicht, „nach denen vonseiten des Landrats im Namen aller von uns benannten, beamteten Personen Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft gestellt sein soll, während der Regierungspräsident glaubt, bekannt geben zu müssen, dass die bisherigen Untersuchungen ein Verschulden der genannten Beamten nicht ergeben habe und die Nachrichten der MZ aus trüben Quellen zu stammen scheinen“. Doch auch die Staatsregierung untersuchte den Fall.

Die Ansicht des Regierungspräsidenten, die MZ hätte unzulässige Kritik geübt, wurde als Angriff auf die Pressefreiheit gewertet und „von keiner höheren Stelle geteilt“ wie die MZ im Weiteren berichtet. Die Militärregierung ließ verlautbaren, die Ansicht, Pressekritik über schwebende Maßnahmen der deutschen Regierung sei unerwünscht, entspräche nicht der grundsätzlichen Politik der Militärregierung und fügte hinzu, „die Deutschen haben die Handhabung einer freien Presse nicht gelernt, sie können sie nicht lernen, ohne sie zu benützen“.

Im Vorfeld befasste sich auch die Kreiskonferenz der SPD des Kreises Mallersdorf in Pfaffenberg mit der bisherigen Politik des Landrats Hartenbach. Eine einstimmig angenommene Entschließung stellt fest: „Dass diese Politik zur einseitigen Förderung der Nationalsozialisten in der Verwaltung, und durch die Verwaltung des Kreises, unter Hintansetzung der berechtigten Ansprüche der antifaschistischen Kämpfer geführt hat. Die Folge davon war ein Wiedererwachen der nationalsozialistischen Ideologie und eine Stärkung der nationalsozialistischen Aktivitäten in allen Gemeinden des Kreises. Die Kreiskonferenz protestiert gegen die Denazifizierung aktiver Nazis, Naziführer und Denunzianten der Nazigegner, die durch die Entnazifizierungsausschüsse des Kreises erfolgte“. Die Kreiskonferenz beauftragt die Abgeordneten der Partei, im Kreistag die Einsetzung einer Untersuchungskommission zu beantragen und ersucht die Staatsregierung, die gesamte Geschäftsführung des Landrates Hartenbach einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen.

Bei den Landrats- u. Kreistagswahlen am 28.4.46 erreichte im Kreis Mallersdorf, bei einer Wahlbeteiligung von 70,5 Prozent, die CSU 24, die SPD 6 und die WAV 4 Sitze.

Am 11.6. 1946 berichtet die MZ: „Der neugewählte Kreistag des Kreises Mallersdorf hat in seiner zweiten Sitzung Landrat Hartenbach trotz aller seiner Bemühungen vor und hinter den Kulissen im Amt zu bleiben, nicht wieder gewählt. Mit allen gegen 6 Stimmen, die Landrat Hartenbach doch noch für sich werben konnte, wurde der bisherige Landrat des Kreises Kötzting, Franz Backmund gewählt. Es wird vermehrte Aufgabe des neuen Landrats sein, mit den Verhältnissen, die er vorfindet, aufzuräumen und das traurige Erbe, das er übernimmt zu bereinigen“. Backmund war 1946 als Landrat in Kötzting eingesetzt worden. Wer sich nun fragt, wie der sohn eines Kunstmalers aus München Landrat in Niederbayern werden konnte, muss wissen, dass sein Bruder zu dieser Zeit Abt im Kloster Windberg war. Ob Backmund eine gute Wahl war, kann leider nicht beurteilt werden, denn er verunglückte schon nach wenigen Wochen am 11. Juli 1946 und ist einem schweren Autounfall zum Opfer gefallen. Das Unglück geschah in der Nähe von Freising, wo der vom Landrat selbst gesteuerte Wagen von einem entgegenkommenden Lastwagen angefahren wurde und infolgedessen gegen einen Baum fuhr. Die Beerdigung  erfolgte in Bogen.

CSU sucht verzweifelt neuen Landrat

Nach dem plötzlichen Unfalltod des gewählten Landrats Franz Backmund fand am 1. August 1946 ein Treffen der KreisCSU zur Auswahl eines passenden Kandidaten zur Besetzung der Landratsstelle statt. Ein Bewerber war ein Pfarrer (Georg Steiger, Hofkirchen), der derzeit dem Kreisausschuss vorsaß. Der zweite Bewerber kam aus Freising und ist im Kreis unbekannt. Der Direktor des Kreises Viechtach teilte telefonisch mit, dass es offensichtlich ist, dass er als vorgeschlagener Landrat nicht gewählt werden würde, weil er Mitglied der SPD ist. Trotzdem haben mehrere Gruppierungen ihn als Landrat für den Kreis Mallersdorf vorgeschlagen. Anfragen der MZ in dieser Angelegenheit in der ablehnenden politisch dominierenden Partei (CSU) haben ergeben, dass er kein akzeptabler Kandidat wäre und deshalb strebe er keine Position im Landkreis an. Es muss festgestellt werden, dass die CSU geeignete Kandidaten herumreichte um einen politisch akzeptablen und gesetzlich zulässigen Anwärter zu finden. Der verstorbene Landrat Backmund ist während der Landratswahlen in 5 anderen Kreisen angetreten.

Das Kreisausschussmitglied Rupert Babel (SPD) wurde am 19. August vom Staatsministerium des Innernzum bis zur Wahl eines neuen Landrats  zum stellvertretenden Landrat ernannt: „Bis zur Neuwahl durch den Kreistag Mallersdorf wird auf einstimmigen Antrag des Kreisausschusses Mallersdorf der Bürgermeister von Pfaffenberg, Bauunternehmer Rupert Babel, mit der kommissarischen Führung der Landratsgeschäfte betraut“.

Inzwischen wurde die CSU fündig: Franz Höferer, sollte den Landratsposten erhalten. In seinem Wohnort im Bayerischen Wald erreichte Höferer um die Jahresmitte 1946, kaum daß er sich um die Wiedereinstellung beim Zolldienst beworben hatte, auch die Telegramme, Eilbriefe und Anrufe aus dem Landkreis Mallersdorf. Der Mallersdorfer Kreistagsvorsitzende Pfarrer Georg Steiger hatte den eiligst Beorderten gleich mit den Worten begrüßt: "Wir brauchen einen Landrat, ein Glück, daß Sie da sind!" Welche Schwierigkeiten sich für die Mallersdorfer in diesen Zeiten der Beschaffung eines solchen Mannes entgegenstellten, das kleidete der katholische Geistliche, nach Höferers Erinnerung, noch in die Worte: "Wir sind wochenlang ganz Bayern abgefahren auf Bittfahrten nach einem Landrat, aber die einen durften nicht, die anderen konnten nicht und diejenigen, die konnten und durften, die wollten nicht."

Ein SPDler als Landrat, das geht gar nicht

Die MZ berichtete am 23.8.46 unter der Überschrift „Landrat von Mallersdorf eingesetzt“: Für den im Juli tödlich verunglückten Landrat Backmund von Mallersdorf wurde jetzt der Bürgermeister von Pfaffenberg, Rupert Babel, als Landrat des Kreises Mallersdorf durch die Militärregierung und durch das Innenministerium bestätigt. Landrat Babel, der im 35. Lebensjahr steht und der SPD angehört, amtiert in Mallersdorf seit dem 20. August

Das traf die CSU ins Mark und der Kreistagsältester, Bomer, sah sich veranlasst in der MZ am 6.9.46 eine Richtigstellung zu erwirken: „Für den unlängst tödlich verunglückten Landrat Backmund wurde in der Kreistagssitzung Franz Häfferer von Waldsassen mit 25 von 33 Stimmen zum Landrat von Mallersdorf gewählt. Die seinerzeitige Meldung, wonach H. Babel von Pfaffenberg als Landrat benannt wurde, beruht auf einer nicht ganz zutreffenden Information. Babel wurde vom Kreisausschuss Mallersdorf mit der Geschäftsführung bis zur Wahl des neuen Landrates beauftragt, da er am Amtssitz des Landratsamtes als Kreistagsmitglied am nächsten liegt. Der neugewählte Landrat Franz Häfferer gehört zu den politisch Verfolgten“.              

Schon am 27. August 1946 hatte der Kreistag, in dem damals die CSU 24, die Sozialdemokratie 6 und die WAV 4 Sitze hatten, Franz Höferer zum Landrat gewählt. Die Ablehnung Höferers durch den Landrat des Nachbarkreises, Geistlichen Rat Prof. Prechtl, einen gewiegten CSU-Landtagsabgeordneten, war grundsätzlicher Natur. Prechtl hatte die Überzeugung, daß der Landrat Höferer untragbar sei, weshalb er denn auch in München seinen Einfluß in dieser Richtung geltend machte. „Eine Untersuchung der Spezial Brunch zum gewählten Landrat Franz Höferer hat schließlich Fakten ans Licht gebracht, die vermutlich ausreichen, diesen Mann aus seinem Amt zu bringen. Er wird verdächtigt, aufgrund seiner eigenen Auslassung, ein zahlendes Mitglied der SS gewesen zu sein. In einer Erklärung aus Nürnberg, wird festgestellt, dass Aufzeichnungen beweisen, dass Höferer unterstützendes Mitglied der SS seit 1. Januar 1933 war. Dies wurde der zivilen Administration bekannt gegeben“, so der Bericht der Amerikaner zur Wahl des Landrats. Die Wahl Höferers wurde vorerst nicht bestätigt.

Bei einer Versammlung des Kreistags am 4. Dezember 1946 erklärte der bis dahin immer noch amtierende Landrat Rupert Babel, SPD, nach dem ablehnenden Votum der Versammlung seinen Rücktritt.  Alois Maier, Vorsitzender der CSU  wurde zum amtierenden Landrat gewählt. Maier akzeptierte, erklärte aber, dass er Höferers Ernennung erwarte. Franz Höferer CSU bleibt gewählter, aber nicht bestätigter Landrat.

Der Präsident des Regierungsbezirkes Niederbayern akzeptierte am 1. Januar 1947 den Rücktritt des amtierenden Landrats Rupert Babel, erklärte aber die Wahl von Alois Maier zum amtierenden Landrat durch den Kreistag als illegal, da Franz Höferer (CSU) gewählter Landrat bleibt. Er setzte den Landrat von Landshut, Graf Franz von Spretti als amtierenden Landrat ein. Am gleichen Tag fordert der Kreisausschussvorsitzende, Pfarrer Georg Steiger die Spruchkammerergebnisse Höferers in Tirschenreuth an.

Am 11. Februar 1947 teilte der Regensburger Regierungspräsident Wein mit, daß die Wahl Höferers" durch die Militärregierung von Bayern überprüft und am 19.12.1946 bestätigt worden ist". Dies sei jedoch nicht weitergeleitet worden, weil die Entnazifizierung Höferers noch nicht abgeschlossen sei.

Bald schon stellte sich aber heraus, daß zwischen den politischen Repräsentanten des Kreises und dem Manne ihres Vertrauens die Ansichten oft geteilt waren. Und auch die Zufriedenheit der Volksvertreter, die in der Landeshauptstadt München mit Rat und Tat für das Wohl ihrer niederbayerischen Heimat wirkten, konnte Franz Höferer nicht immer herstellen. So arbeitete Höferer gegen Regierungschefinspektor am Landratsamt, Konrad Wittmann. Die meisten Landratsamtsstellen bescheinigen Wittmann schriftlich eine korrekte Arbeit und entsprechende Kompetenz. Auch der Leiter des Wirtschaftsamtes wurde von Landrat Höferer ausgetauscht, weil es Unregelmäßigkeiten bei den Bekleidungs-Marken geben habe.

Bei der SPD-Kreisvorstandssitzung am 24. Juni 1947 um 14 Uhr im Gasthaus Amann in Pfaffenberg, werden erstmals von der SPD Vorwürfe gegen Landrat Höferer wegen Missmanagement erhoben und eine Untersuchung durch das Innenministerium gefordert. Der Kreistagsvorsitzende Schaak hatte am 4. Juli ein Treffen mit dem Kreisausschuss angesetzt, um diese Affäre zu klären. Eine Anhörung des Landrats scheiterte an dessen fehlender Kooperationsbereitschaft.

Bei der Parteiausschusssitzung der SPD am 11. Juli 47 um 14 Uhr in Pfaffenberg im Gasthaus Amann verlangt die SPD eine öffentliche Kreistagssitzung am 17. Juli um die Möglichkeit zu bekommen, die seit seinem Amtsantritt laufenden und nicht länger tragbaren Profit-Geschäfte des Landrat Höferers öffentlich zu machen. „Die SPD versuchte zuerst mit Höferer zusammenzuarbeiten, sieht aber nun keine Möglichkeit mehr, Höferer zu halten. Sie wirft ihm u.a. vor, Entscheidungen ohne Absprache mit dem Kreisausschuss zu fällen und eine Feindschaft zu allen Abteilungsleitern zu pflegen, weiter die  Abzweigung von 53 Meter Stoff und Schuhen für sich und seine Familie, gegen materielle Gegenleistungen lies er Bürgerinnen und Bürgern „Wohltaten“ zukommen. Der ungeklärte Verbleib von 90 Ballen Kleidung für das DRK, die Freigabe von 100000 Ziegeln und 2 Waggons Zement, die jeweils für den Schwarzmarkt bestimmt waren, sowie die Erlaubnis für ein zweites Automobil für den Gastwirt Meyer in Mallersdorf zusätzlich zu dessen Motorrad sorgten für weiteren Unmut.“ Die SPD will alle Posten, Ämter und politischen Aktivitäten im Kreistag ruhen lassen, bis Höferer entlassen ist. Auch die Mitglieder der Spruchkammer sollen abgezogen werden. Die SPD will dafür sorgen, dass Presse und Radio informiert werden.

SPD verläßt Mallersdorfer Kreistag

Auf der Sitzung des Mallersdorfer Kreistages am 17. Juli 1945 brachte die SPD-Fraktion eine Erklärung ein, in welcher Person und Amtsführung des seit 5 ½ Monaten im Amt befindlichen Landrates Franz Höferer (CSU) einer Kritik unterzogen wurden. Die SPD-Fraktion warf Landrat Höferer mangelnde Zusammenarbeit mit dem Kreistag und den beamten des Landratsamtes, sowie Unregelmäßigkeiten und Korruption in seiner Amtsführung vor. Insbesondere wurde ihm zur Last gelegt, er habe sich kraft seiner Stellung unberechtigterweise Bezugsrechte in größerer Menge gesichert. So habe er während seiner kurzen Amtstätigkeit für 380 Punkte Spinnstoffe bezogen, eine Menge welche das Vierteljahreskontingent für 293 Personen darstellt.

In der Erwiderung suchte Landrat Höferer alle Vorwürfe zu entkräften. Die SPD-Fraktion verlangte trotzdem die Abstimmung des Kreistages über das von ihr eingebrachte Misstrauensvotum. Das Ergebnis brachte bei 5 Stimm-Enthaltungen 21 Stimmen für den Landrat, während 6 Stimmen sich gegen ihn aussprachen. Darauf erklärte die SPD-Fraktion ihre Mitarbeit im Kreistag und Kreisausschuss von Mallersdorf für beendet und behielt sich vor, ihre Mitarbeit bei der Spruchkammer zurückzuziehen.

27. Juli 1947 wird berichtet, dass  die SPD nach der Bestätigung des Landrats durch 21 Stimmen der CSU im Kreistag, einen Bericht ans Innenministerium zu schicken beschlossen habe. Die SPD hofft auf eine neue Abstimmung in 8-14 Tagen.

Am 4. August 1947  berichtet Kreisvorsitzender Schaak bei der SPD-Kreisausschusssitzung im Gasthaus Amann in Pfaffenberg über ein Treffen von Bürgermeister Rupert Babel und MdL Simon Vogl mit Minister Seifried (beide SPD) in Sachen Höferer. Seifried versicherte die Sache in die Hand zunehmen und eine Untersuchung zu veranlassen. Unterstützung wurde auch von der SPD-Landesleitung zugesagt. Die Untersuchung des Ministeriums beruht alleinig auf Veranlassung der SPD.

Die Amerikaner berichten weiter: „Inzwischen kam auch die CSU zu der Einsicht, das Landrat Höferer nicht länger im Amt tragbar ist. Die CSU ist nicht bereit die alleinige Verantwortung zu tragen, nachdem die SPD den Kreistag verlassen hatte. Eine Aussprache mit der CSU zur Weiteren Zusammenarbeit im Kreistag soll folgen. Die SPD erklärte, den Kreistag nicht zu betreten, solange der Landrat Höferer im Amt ist.

Während der Kreisausschuß immerhin noch am 10. September 1947 mit 22 von 31 Stimmen "gegen die beabsichtigte vorläufige Dienstenthebung des Landrats" Höferer protestiert, ist die Entwicklung in München soweit gediehen, daß das Staatsministerium des Innern mit Entschließung vom 13. September 1947 mitteilt: Die angestellten Ermittlungen haben den dringenden Verdacht ergeben, daß Landrat Höferer in verschiedene Angelegenheiten verwickelt ist, die einer sorgfältigen Überprüfung bedürfen. Ein Verfahren schwebt auch bei der Staatsanwaltschaft in Landshut wegen angeblicher Bestechung. Die Beschuldigungen sind so schwerwiegend, daß schon jetzt die vorläufige Dienstenthebung ausgesprochen werden muß...  Und dann die Feststellung: "Die zuletzt bekannt gewordenen Fälle von Alkoholmißbrauch stammen aus der Zeit vom September 1946 bis Februar 1947, während der Landrat Höferer als Gast in den Räumen des Mutterhauses der Armen Franziskanerinnen in Mallersdorf untergebracht war“... Und schließlich: "Landrat Höferer wird mit sofortiger Wirkung aus seinem Amt entlassen. Mit Wirkung vom 13. September 1947 wurde der Landrat des Kreises Mallersdorf, Franz Höferer (CSU) wegen Veruntreuung und Unregelmäßigkeiten im Dienst dienstenthoben An seiner Stelle übernimmt die Dienstgeschäfte der Vorsitzende der CSU in Mallersdorf, Landwirt Alois Maier aus Helmprechting. Mayer agierte extrem gegen die SPD, insbesondere gegen die Arbeit und Person des Rupert Babel.

Wie die gegen Landrat Höferer geführten Untersuchungen des Innenministeriums und der Kriminalpolizei ergaben, war Landrat Höferer nicht politisch Verfolgter, als der er sich ausgab. Er war vielmehr im Jahr 1944 verhaftet und in das Bamberger Untersuchungsgefängnis eingeliefert worden, da ihm zur Last gelegt wurde, als Leiter des Ernährungsamtes A in Bamberg an unberechtigte Empfänger Schlachtscheine ausgegeben zu haben. Bereits im Jahre 1938 war Franz Höferer vom Reichsdisziplinarhof wegen Darlehensschwindels und Betruges in Waldsassen als Zollbeamter entlassen und ihm eine Pensionskürzung von 73 Prozent auferlegt worden. Die Stellung des Leiters im Ernährungsamt A Bamberg, die er seit 1943 innehatte, musste er 1944 aufgeben, da er sich häufig auf der Straße im betrunkenen Zustand gezeigt hatte. Seine Verhaftung erfolgte bald danach, während er als Rüstungsarbeiter nach seinem Ausscheiden aus dem Ernährungsamt Bamberg dienstverpflichtet war.

Am 3. Oktober wurde auch von der CSU-Fraktion des Kreistages Mallersdorf folgender Antrag angenommen: Auf Grund des Ergebnisses der vom Staatsministerium des Innern geführten Untersuchung ist der Kreistag der Ansicht, dass der bisherige Landrat Franz Höferer, nicht die notwendigen moralischen Eigenschaften für dieses Amt besitzt. Der Kreistag hält ihn als Landrat nicht mehr für tragbar und ersucht das Staatsministerium um seine sofortige Entlassung.

Der SPD ihren Erfolg nicht gönnend, versuchte die CSU Höferer in Folge zu diskreditieren und die Entlassung durch die bayerischen Behörden unter einem anderen Aspekt zu betreiben. Der Landrat des Nachbarkreises, Geistlichen Rat Prof. Wolfgang Prechtl, ebenfalls CSU-Landtagsabgeordneter,  wandte sich wegen einer Entlassung Höferers an das Staatsministerium des Innern, das ein Vorgehen gegen Höferer jedoch von der Beibringung entsprechenden Materials abhängig machte.

Prechtl war in seiner Eigenschaft als Landtagsabgeordneter der CSU ins Mallersdorfer Kloster gekommen, um durch den hochbetagten Superior Mauritius Rieder und seine Armen Franziskanerinnen die umstrittene Erklärung zum Alkoholmissbrauch zu erlangen. Am 16. Dezember 1947 erging ein Schreiben nach München, in dem die Oberin des Klosters Mallersdorf und eine weitere Schwester erklärten, dass „Herr Franz Höferer, gewählter Landrat von Mallersdorf, in der Zeit von September bis inkl. Februar 47 als Gast in den Räumen des Klosters untergebracht war. In dieser Zeit wurde wiederholt durch Befunde festgestellt, daß er durch übermäßigen Alkoholgenuß betrunken war und die Spuren dieser Trunkenheit offenkundig waren...“.

Am 31.Dezember 1947 wurde Landrat Höfer mit sofortiger Wirkung - unabhängig des laufendem Verfahrens wegen Bestechung - entlassen. Höferer erlangte von dem zu seiner Entlassung führenden Materials im Jahre 1950 Kenntnis und erstattete Anzeige wegen falscher Anschuldigung. Die Ermittlungen in dem von der Staatsanwaltschaft Landshut eingeleiteten Verfahrens ergaben, dass die Erklärungen der Schwestern nicht den Tatsachen entsprachen. Von der Staatsanwaltschaft Landshut wurde gegen die Oberin wegen Meineids und gegen Maier wegen falscher uneidlicher Aussage ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Höferer prozessierte bis 1958 wegen seiner Absetzung. Im Detail nachzulesen :DER SPIEGEL 43/1952 „Nonnen lügen nie“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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